Manche der Pressereaktionen zur Europawahl lassen doch sehr verwundern. Zum verhältnismäßig guten Abschneiden der „AfD“ heißt es da: Die etablierten Parteien, vor allem die großen, hätten sie nicht ernst genug genommen. So sei der Erfolg zu erklären. Man liest diese Zeilen und bleibt verwundert zurück. Nicht ernst genug genommen? Wie soll das funktionieren: eine Partei ernst nehmen? Traditionell hieß das immer, möglichst viele Punkte aus dem Programm der betreffenden Partei zu übernehmen, um ihr das Wasser abzugraben. Wie soll das umgesetzt werden? Sollen sich die Spitzen von CDU und SPD auf den Marktplatz stellen und laut „Einwanderung braucht klare Grenzen“ schreien, wie die „AfD“ fordert?
Rein inhaltlich ist diese Forderung schon Blödsinn. Dahinter steht schließlich der Gedanke, die Bundesrepublik nähme vorrangig Schaden davon. Bekannt seit mehreren Jahren ist aber, wie stark die deutsche Wirtschaft und Rentenkasse davon profitiert. Vor allem aber sollte die Erfahrung der französischen und englischen Nachbarparteien nicht vergessen werden. Konservative und die sozialdemokratische/sozialistische Partei haben in der Vergangenheit alles daran gesetzt, der UKIP und dem Front National hinterher zu hecheln. Was es gebracht hat, war am Wahlsonntag zu ersehen. Nicht zuletzt erinnern diese Kommentare – „nicht ernst genug genommen“ – fast im Wortlaut an die Beiträge anlässlich des Erstarkens der Linkspartei 2006/2007.
Der Gedanke beschleicht einen, dass die betreffenden Journalist_innen gut daran getan hätten, ihre Kommentarkonserven einfach mal im Schrank zu lassen.
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